„Stumm vor Schreck“ und Olaf Jagger“ wurden bei den Hofer Filmtagen 2022 von der Filmkritikerjury unter Beteiligung der BVMJ prämiert. Die Jurymitglieder waren Peter Beddies (BVMJ), Radovan Holub (Tschechien) und Geri Krebs (Schweiz).
Der Preis für den besten Film geht an: „Stumm vor Schreck“ .
Regie Daniel Popat: Buch: Daniel Popat, Annette Frier, Peter Trabner. Darsteller: Annette Frier, Peter Trabner, Daniel Popat. Popat Films, 79 Minuten, noch kein Kinostart in Sicht.
Johanna und Thomas suchen ein Jahr nach dem plötzlichen Tod ihres Sohnes noch immer Antworten auf das Geschehen in jener Nacht. In einem verfallenen Einfamilienhaus auf dem Land wollen sie mit der Tragödie abschließen, stattdessen prallen der Schmerz über den Verlust und die Schuldzuweisungen aufeinander. In ihre Traumabewältigung platzt in diesem intimen Kammerspiel ein Fremder, der die Weltpolitik in die trügerische Idylle mitbringt.
Jury-Begründung: Ein Paar fährt in den Urlaub. Es gibt offenbar – aber das wissen die Zuschauer noch nicht – viel zu klären. Am Urlaubsort angekommen, sieht das Feriendomizil sehr düster aus. Aus dem Kinderwagen wird etwas Undefinierbares ausgeladen. Geheimnisse über Geheimnisse. So könnte ein Mystery-Thriller beginnen. Zumal Geräusche ertönen in der Nacht. Irgendwer scheint sich außer den Beiden noch im Hause aufzuhalten. Vieles ließe sich im Gespräch klären. Aber hier wird nicht geredet. Es werden Ausflüchte gesucht oder es wird geschrien. Obwohl die Natur um das Haus herum idyllisch erscheint, stehen hier alle unter Druck. All das würde nicht funktionieren, wären hier nicht Meister am Werk: Ein unglaubliches Schauspieler-Paar, ein sehr kreativer Regisseur, der auch noch zum wichtigen Mitspieler wird. Plus ein Kameramann, der es schafft, aus Minimal-Setting und Low Budget großes Kino zu erschaffen. Ein wuchtiger, beklemmender Film – der sich traumwandlerisch sicher durch mehrere Genres bewegt und – was man gar nicht glauben mag – komplett improvisiert wurde. Ein Film über Schuld, der angenehmer weise viele Fragen offen lässt.
Der Preis für die beste Produktion geht an „Olaf Jagger“.
Regie: Heike Fink. Drehbuch: Heike Fink. Darsteller: Olaf Schubert, Alexander Schubert. Oliver Welcke, Christine Dähn, Toni Krahl. Ester Reglin Film Produktionsgesellschaft mbH Köln, 95 Minuten. Verleih: Neue Visionen, Kinostart: 6. April 2023.
Ist Olaf Schubert wirklich der, der er immer zu sein glaubte? Oder der Sohn von Rocklegende Mick Jagger? Dies lassen ein altes Tonband und die Stasi-Akte seiner Mutter vermuten. Der Comedian macht sich in dem fiktionalen Dokumentarfilm auf eine detektivische Spurensuche nach seiner Identität, während der der Zuschauer ständig rätselt, was ist Wahrheit und was ist Fake.
Es ist Montag, der fünfte November. Es nieselt leicht im Dauernebel. Alle haben schlechte Laune. So oder so ähnlich präsentiert sich der deutsche Film recht häufig. Die Bilder sind entsättigt. Man ist auf der Suche nach einer tristen Realität. Zum Glück gibt es andere Bespiele. Wie diesen ständig leicht neben der Spur laufenden dauerquasselnden Menschen, der auf einer scheinbaren Suche nach seinem Vater ist. Und den unglaublichen Ausschweifungen seiner verstorbenen Mutter. Dabei taucht er in pralles Leben ein. Es gibt Exkurse in ein Land, das es nicht mehr gibt. Es wird viel von Befindlichkeiten, von den großen Missverständnissen gesprochen. Die Zuschauer wissen – wie so oft in diesen Zeiten – nicht so genau, ob sie der Geschichte und den Bildern überhaupt trauen dürfen. Bis am Ende – eventuell – wie im Märchen das Gute gewinnt. Ein feiner deutscher Beinahe-Und-Dann-Doch-Nicht-Dokumentarfilm, der – und dann passiert sehr selten – wohl auch im Ausland sehr gut verstanden werden wird.